Geschlechterideologien in der Biologie

From Informatik & Geschlecht 2010
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--Johana 13:28, 22 June 2010 (UTC)

Bonnie B. Spaniers "Im/partial Science - Gender Ideology in Molecular Biology"

Spanier geht in ihrem Buch der Frage nach, wie unsichtbare Asymmetrien in der Biologie zustande kommen (Der englische Begriff Bias fasst diese vergeschlechtlichten Verzerrungen wohl besser). Besonders "westliche" Wissenschaft baue auf rigiden Dichotomien (Dualismen) auf, die eine bestimmte gesellschaftliche Ordnung stabilisierten. Die Wissenschaften seien aber nicht von der Gesellschaft getrennt, die sie hervorbringt und deshalb auch nicht frei von tief verankerten kulturellen Glaubenssätzen über fundamentale Unterschiede zwischen den Geschlechtern, bzw. liefern gerade die Wissenschaften besonders schwer anfechtbare Argumente für diese cultural beliefs. Spanier kritisiert das weitgehend akzeptierte Vorgehen, menschliches Verhalten biologisch rückzukoppeln und somit Gesellschaft generell und Geschlecht im Besonderen zu naturalisieren. Dadurch würden Entscheidungs- und Sozialisationsprozesse verleugnet und Geschlecht nicht als sozial gemachte und (im jeweiligen zeitlichen und politischen Kontext anders) definierte Kategorie angesehen. Die Mainstream Biologie betrachte Männer* und Frauen* als von Hormonen verursachte, also gesteuerte Wesen. Beobachtete Unterschiede im Verhalten könnten nicht einfach auf biologische Unterschiede zurückgeführt werden: Vielmehr würden Menschen mit ihrer Umwelt in einer kumulativen Dynamik interagieren. Spanier bringt sich hier in die nurture-nature Debatte ein und verwirft eine rein additive Logik, in der Handlungsweisen und Auftreten das Ergebnis von sich häufenden Faktoren, die prozentuell zwischen Umwelt und Anlage aufgeteilt wären, sind. Der Prozess des Wechselspiels zwischen "Anlage" und "Umwelt" wäre besser als Transformationsprozess zu werten, nature könne nicht von nurture getrennt werden. Überhaupt sei es fragwürdig, Verhaltensweisen von Menschen mit ihrer psychische Beschaffenheit zu verbinden (Beispiel von ihr: Dass Menschen mithilfe von Maschinen fliegen können, kann kaum aus ihrer Hirnstruktur erklärt werden).


Methodologie

Diese Überlegungen haben auch Implikationen für methodisches Vorgehen. Nach dem zweiten Weltkrieg habe sich die Molekularbiologie als eigene Disziplin (von z.B. der Biochemie unterschiedene) etabliert und gleichzeitig habe eine Form des wissenschaftlichen Reduktionismus Einzug gehalten, der eng verbunden ist mit einem mechanischen Zugang zu Natur. Dinge sollten analysiert werden, indem sie in immer kleinere Einheiten zerlegt und in Folge die Eigenschaften des Systems von jenen der Teilchen abgeleitet werden. Kritik an dieser Arbeitsweise widersprach der Annahme, das Einzelteil würde einfach dem Ganzen vorausgehen, zumindest insofern, als sie das Verständnis von der Wechselwirkung zwischen Ganzem und Teilen einschränken würde. Diese Form des Reduktionismus konnte sich sehr gut durchsetzen, nimmt aber ein erhebliches Maß an Komlexitätsverlust in Kauf. Das Ganze kann nicht einfach als Summe der Teilchen beschrieben werden. Erst in den 1970ern begann eine zögerliche Distanzierung vom wissenschaftlichen Reduktionismus.


Beispiele von Geschlechterideologien in der Biologie

Spanier zitiert mehrere Beispiele, wo unzulässigerweise das Verhalten von Tieren herangezogen wird, um zu bestimmen, was "Männlichkeit" und "Weiblichkeit" in einem menschlichen Kontext ausmache. Umgekehrt würde auf genauso absurde Weise das männlich/weiblich Paradigma, bei dem immer kulturelle Assoziationen mitschwingen, auf Tiere angewendet. Feministische Kritik müsse der sprachlichen Transmissionsebene mehr Beachtung schenken, weil Daten immer über Sprache und Metaphern in wissenschaftliche Konzepte umgewandelt würden. Eine Sprachanalyse kann offenlegen, wie Metaphern, die eine geschlechtliche Dimension aufweisen, Vorstellungen darüber formen können, in welcher Beziehung das Zellplasma mit dem Zellkern steht.

Sexismus im Internet

Dazu gab es auf der re:publica (http://re-publica.de/10/) ein panel, bei dem mitgeschnitten wurde und auf youtube abrufbar ist: http://www.youtube.com/watch?v=-3LKBARD10E

Sowie ein weiteres zu feministischer Netzkultur: http://www.youtube.com/watch?v=YQSf8ORaMHY